Mai 29, 2021

Tag 1: von Ibbenbüren nach Marburg

Samstag, den 29. Mai 2021

Es ist zwei Uhr in dieser kristallklaren Nacht. Die Sterne funkeln über mir, die Frösche quaken hinter mir. Diese wackeren Amphibien, so nackt in der Kälte gehen Sie ohne zu Klagen ihren Geschäften nach. Was gibt es in solch einem Moment Schöneres als auf einer hölzernen Bank zu sitzen und zu frühstücken ? Wie könnte dieser zweite Tag besser beginnen ?

Ich hatte mir für diesen Tag entgegen meinen Gewohnheiten einen Plan gemacht. Marburg wollte ich vor neun Uhr erreichen und deshalb brach ich pünktlich um sechs Uhr bei Sonnenschein auf. Das schöne Münsterland, es wird es mir verzeihen, degradierte ich zur Transitstrecke ins Sauerland, wo ich vom Sport- in den Genussmodus wechselte.

Die Hälfte der Strecke lag bis zum Mittag hinter mir. Die zeitweise aufgekommene Bewölkung nahm ab und das Radfahren an Bächen entlang, über Felder und durch Wälder war wieder mal ein Traum. Dieser Tag war so gleichmäßig schön und hätte besser nicht sein können.

Für diese längere Strecke hatte ich mich etwas unterversorgt und ich erreichte Winterberg auf „der letzten Rille“. Jetzt aber fix zu meinem Lieblingdiscounter (an dieser Stelle gedachte ich in Dankbarkeit und ohne Flachs den Albrecht Brüdern) – ich war gerettet und habe mich auch vorausschauend für den Sonntag bevorratet.

Die restliche Strecke viel leicht und ich erreichte Marburg bei Sonnenschein und bester Laune – etwas übermütig vielleicht. Ich verzichtete auf ein Hotel und fand es nun an der Zeit, mein kostspieliges Biwakzelt zu testen. An der „Tanke“ schnell noch zwei leckere Heineken gekauft und dann nichts wie ab in die Rabatten.

Der Test fällt für den Hersteller katastrophal aus: Ich lag kaum im Zelt und bin sofort eingeschlafen. Nach nichtmal einer Stunde bin ich aufgewacht. Meine Behausung aus höchst atmungsaktiven Material war von innen Pitschnass und das, obwohl ich es noch leicht geöffnet hatte. Komplett geschlossen hätte ich mir genauso gut eine Plastiktüte über den Kopf ziehen können. Man lernt ja heute breits in jungen Jahren, daß man so etwas nicht tuen sollte und ich wundere mich, daß dieser Hersteller anscheinend noch nichts davon gehört hat.

Also: gegen halb zwei habe ich zusammengepackt.

Es half nichts und es ist auch garnicht tragisch, denn ich sitze immer noch auf meiner Bank, trinke meinen dritten Kaffee, schreibe mein Tagebuch und genieße den Sternenhimmel und das gequake der Frösche.