Mai 4, 2021

Tag 8: von Lucca nach Barberino Val d’Elsa

Dienstag, den 4. Mai 2021

Optisch war mein Quartier einmalig , aber etwas, das ich nicht genau fassen kann, machte mir den Aufenthalt unbehaglich. Es war nicht allein der leicht moderige Geruch der alten Einrichtung, auch nicht das Fehlen eines eigenen Bades. Ich würde meine Wohnung vielleicht Fremden für eine Nacht zur Verfügung stellen, aber mit Ihnen gleich Tür an Tür wohnen möchte ich nicht. Eine höfliche Distanz darf zwischen Menschen, die sich nicht kennen, für meinem Geschmack ruhig bleiben. Die Familie gestern hielt es so und ich habe mich trotzdem herzlich aufgenommen gefühlt. Das sage ich nicht nur, weil Sie mir die verbummelten Sachen nach Hause schicken.

Aber ich bin Gast und dieser Gastgeber mag es so und wie an den Bewertungen zu erkennen ist, kommt er mit dieser Art gut an.

In Summe waren es mehrere Dinge, die mir den Start in diesen Tag erschwerten. Zum einen hatte ich meine Kulturbeutel in meiner vorherigen Unterkunft vergessen und die Zahnbürste wollte ich mir mit meinem Mitbewohner nicht auch noch teilen. Zum anderen habe ich versäumt mir Brot fürs Frühstück zu kaufen. Also kochte ich mir nur schnell zwei Kaffee, aktualisierte mein Tagebuch und verließ die Herberge kurz vor der Öffnungszeit des am nächsten gelegenen Discounters. Nun war alles ersetzt und vor dem nächsten Friedhof hinter einer Zypresse schnell die Zähne geputzt.

Jetzt konnte es weitergehen, aber der Wurm war drin. Was störte mich ? Ach ja – Hunger ! Ich hatte mir zwar ein Baguette und Aufschnitt besorgt, aber ich fand partout kein schönes Plätzchen und so schob ich das Frühstück auf der Suche nach einem Passendem noch hinaus. Zehn Kilometer, zwanzig Kilometer, dreißig …

Ein amerikanischer Schnellimbiss lag auf meinem Weg. Trotzig und verachtend ließ ich ihn links liegen. Nicht mit mir, nicht einmal in dieser Not. Ein paar Meter weiter dann das:

der Weg war mir verperrt. Ich versuchte ihn zu umgehen, aber es führte kein Weg drumherum. Das war ein Zeichen: reumütig kehrte ich zur Imbissbude zurück, bereit mir zum Frühstück ein belegtes Hackfleischbrötchen zu genehmigen und dann das:

er öffnet erst in zwei Stunden. Ich fuhr eilig zu seinem nicht weit entfernten, noch bekannteren Mitbewerber mit dem selben Resultat – Bei uns haben die rund um die Uhr geöffnet und hier fangen die erst um zwölf an.

Ich wurde immer mauliger. Die gestern noch so wundervolle Welt hatte sich gegen mich verschworen. Selbst die Mächtigsten versagten mir die Hilfe und es war kein Bänkchen zu finden. Ich fuhr noch einige Kilometer weiter und dann war es soweit. An einem steilen Anstieg viel ich vor Kohldampf vom Rad direkt zwischen die am Rand stehenden Olivenbäume.

Ich weiß das ich mich nur Blöd angestellt habe, aber das Warten hat sich gelohnt. Ich habe in aller Ruhe gegessen. Die Glocken der hier überall verteilten Kirchtürme schlugen schon zwölf und ich hätte hier auch gleich noch ein Nickerchen machen können.

Meine Dämlichkeit hat Kraft gekostet, aber danach ging es mit der Laune aufwärts. Ich fuhr zu einer meiner liebsten Eisdielen nach Florenz, nahm auch hier das Fehlen ausländischer Besucher war, was dem historischen Kern, der ebenfalls zu einer riesigen Gastronomie und Einkaufszone ausgebaut ist, auch nicht gut tut und gönnte mir mein Pistazieneis – nein Zwei. Wie immer: kurzer Stopp und nix wie raus hier.

Ach ja: Palazzo Vecchio, Michelangelo und Co. sind auch noch da

Dann ging es gen Süden hinaus aus der Stadt in die Wein- und Olivenberge. Ich kann mich trotz schluriger Tagesplanung nicht beklagen. Die Sonne schien mir und ich fuhr zufrieden die Berge hinauf und hinunter durch vertrautes Gelände. Ich kam am frühen Abend in Barberino Val d’Elsa an, einem kleinen Örtchen auf dessen Campingplatz Elke und ich 2019 unseren ersten und letzten Wohnwagenurlaub machten. Es gibt sehr viele solcher Dörfer hier, jeder Abstecher ins Innere eines Ortes lohnt sich, aber im dieses haben wir uns verliebt.