April 26, 2022

von Montefiascone bis Bagno Vignoni

Dienstag, den 26. April 2022

Ich frühstückte ausgiebig und es war bereits nach acht als ich das Hotel verließ. Der englische Kollege, der gestern nach mir eincheckte, kam allerdings da erst aus seinem Zimmer und begab sich in den Speiseraum. Ich fühlte mich in guter Gesellschaft.

Grade aus der mittelalterlichen Idylle Montefiascones heraus, ging es über einen von schweren Landmaschinen zerpflügten Streckenabschnitt. Ich freute mich umso mehr über das herrliche Wetter, denn der Boden war schwer genug. Nicht auszudenken, wenn man hier bei Regen durch den Schlamm waten muss.

Der Abschnitt war kurz und schnell vergessen, denn danach folgte ein Bilderbuchtag. Ich dachte mir Orvieto als den Glanzpunkt des Tages, aber in Wirklichkeit war es nur einer unter Vielen. Latium, Umbrien, Toskana – als erstes tauchte Bagnoregio in der Ferne auf. Die Highlights dieser Region wollen erkämpft werden. Oh Wunder, baute man doch vor langen Zeiten die Städte gerne zur Sicherheit auf den höchsten Punkten. Es war die erste Überraschung des Tages und aller Mühen wert.

Der Tag war ein Radfahrtraum an dem alles passte und die Plackereien über gnadenlos steile Straßen die hoch gelegenen Altstadtidyllen zu erreichen sind ein vergleichsweise geringer Preis – Orvieto war erreicht !

Als ich 2014 das erste mal durch Italien fuhr, war Pisciotta bei Salerno eines der ersten mittelalterlichen Städtchen durch das ich kam. Ich fühlte mich, als hätte ich eine sensationelle Entdeckung gemacht. Das diese „tausend“ Jahre alten Ortschaften hier aber in Hülle und Fülle erhalten sind, weiß ich jetzt. Ohne ein Kenner ihrer Geschichte zui sein, geben Sie mir eine Ahnung von den Vorgängen längst vergangener Zeiten, als der Mensch seinen „Unfug“ auf etwas andere, aber ähnliche Art und Weise trieb und Fürsten ihre Untertanen zu solch baulichen Höchstleistungen motivierten. Ich bin nicht nur von Orvieto schwer beeindruckt.

Das Glück, das ich an solchen Tagen empfinde, kann ich nicht angemessen beschreiben. Es muss das Zusammenspiel aus körperlicher Anstrengung und landschaftlicher Schönheit sein, das mir dieses dauerhafte Hochgefühl verschafft. Sorgenfrei gleite ich durch den Tag, kämpfe mich spielend über Hügel und steinige Wege, freue mich über kleine Begegnungen und Gespräche, geniesse einfache Mahlzeiten, wundervolle Aussichten und am Ende des Tages wünsche ich mir nur noch einen sicheren Schlafplatz. All das ist möglich, in Italien, im Frühling …

… und dieser Tag spannte einen perfekten Bogen. Nach Orvieto führte die Strecke durch einen der vielen Naturparks und es war durchgehend sonnig und warm. Gegen Abend vielen die Temperaturen schnell. Mein Glück hielt an und ich fand zum Abendessen und Aufwärmen noch zur rechten Zeit ein gemütliches Ristorante. Ich hatte wiederum alle Zeit, freute mich aber auch schon auf die nächste Übernachtung im Freien. Noch eine kurze Abfahrt und dann bot mir der Wohnmobilstellplatz bei Bagno Vignioni, 40 Kilometer vor Siena, eine komfortable Möglichkeit – da blieb mir nur noch selig einzuschlafen.

urgemütlich – mit Lampe und Nachtschränkchen