April 24, 2022

von Terracina bis Rom

Sonntag, den 24. April 2022

Der Morgen begann nach kurzem Einradeln mit einer Wanderung über groben Schotter einen steilen Anstieg hinauf. Da ich schnell Vorankommen wollte, ließ ich mich von der Schieberei nerven, anstatt den Aufstieg in der mystisch anmutenden Atmosphäre der Dämmerung zu genießen.

Es ist nicht körperliche Anstrengung, die mir solche Momente verleidet, es ist immer der Kopf – die falsche Einstellung.

Der Anstieg war nur ein kurzes Intermezzo, denn danach sollte es erstmal flach weitergehen – Also Strecke machen, zeitig in Rom ankommen, und nur ein kurzes Frühstück !!!

Nach 250 Kilometern der erste Barbesuch und schnell zwei Kaffee und Süßkram aufgenommen. Es war angenehm dort, die Sonne zeigte sich und ich hätte gerne etwas verweilt, zumal sich mit Detlev ein netter Kollege zu mir gesellte.

Was ich mit etwas zeitlichem Abstand als Dummheit und Verschwendung schöner Augenblicke erkenne, dämmerte mir da nur leicht. Ich befand mich noch im Zwiespalt, aber ich begann zu ahnen, warum ich hier war und warum ich solche Touren machen wollte. Ich hatte es nicht vor und meine Ausrüstung zielte auch nicht darauf ab, aber dummer, unnötiger Ehrgeiz trieb mich durch das Land und am Schönen vorbei.

Die ländlichen Strecken und Fahrten durch kleine, alte Ortschaften sind etwas, das ich bei meinen bisherigen Touren durch Italien lieb gewonnen habe und jetzt war es auch hier soweit. Das Wetter wurde zudem landeinwärts immer besser.

Ich weiss heute nicht mehr genau, was ich an dem Tag fühlte, denn ich war ja noch auf der Flucht, aber dem Bedürfnis nach Genuss und nach entsprechender Würdigung des schönen Weges, hatte ich bald nichts mehr entgegenzusetzen. Es muss am frühen Nachmittag gewesen sein, als ich mich an einem, für mich namenlosen See ins Gras sinken ließ und die erste „unnötige“ Pause machte.

Dieser Moment war der Wendepunkt und das Ende meines Ehrgeizes. Ich war nicht körperlich erschöpft, ich fühlte mich gut. Ich bin mental einfach nicht in der Lage, so einen Weg einfach nur abzuarbeiten. Das habe ich auf meinem Alleinfahrten schon bemerkt, wenn ich zu sehr die Kilometerleistung im Auge hatte. Genau hier an diesem Ort musste die Entscheidung für den Rest der Tour fallen und Sie tat es …

… ich besiegelte meinen Entschluss und fuhr erlöst weiter.

Beschwerliche Passagen erscheinen mit entspannter Einstellung (ich meine nicht mit ein paar Bierchen intus) in einem besseren Licht. Meine Vorstellungen des letzten Jahres, hatte ich bereits korrigiert und nicht nur eingesehen, dass nicht 100% solcher Events fahrbar sein müssen, ich mich sogar an solchen Abschnitten erfreuen kann.

Es begann zu regnen und als der Regen stärker wurde, wartete ich in Ciampino, einem Vorort Roms bei McDonald’s ab. Ich hatte schon einen Blick auf das dortige Kinderspielparadies als Nachtlager geworfen, aber leider hatte dieser Laden bis weit in die Nacht geöffnet und man will ja schließlich seine Ruhe haben !

Ich fuhr weiter als der Regen aufhörte und es begann eine angenehm milde Nacht. Es ist etwas ganz Besonderes, gegen Mitternacht die antike Via Appia hinunterzuholpern und anschließend gemütlich durch Rom zu fahren. Auch wenn der Tag lang war, genoss ich die einzigartige Atmosphäre dieser beeindruckenden Stadt.

Ich entschloss mich, auf einen mir bekannten Campingplatz im Vorort Flaminio zu fahren. Hier waren Elke und ich 2019 ein Wochenende und es hat uns gut gefallen. Dort konnte ich duschen und mich ausruhen. Zufrieden breitete ich auf einem freien Stellplatz Luftmatratze und Schlafsack aus und schlief nach kurzem Blick in den sternenklaren Himmel ein.