Mai 2, 2021

Tag 6: von Piacenza nach Pontremoli

Sonntag, den 2. Mai 2021

Abfahrt um halb neun: bei Sonnenschein

In der Nacht regnete es noch, aber als mich dann durchs Fenster der erste Sonnenstrahl traf, wurde ich schneller als die beiden vorangegangenen Tage. Kein dritter Kaffee, sondern zügig (aber ordentlich) zusammengepackt und raus auf’s Rad. Eine herrliche Stille am Sonntagmorgen und die nächtliche Ausgangssperre hat mir auch einen ruhigen Schlaf beschert. In den Bars und Restaurants meiner Straße wurde gestern bis zehn Uhr ordentlich gelacht und geplaudert, was hier, in einer etwas größeren Lautstärke als von unserem braven Deutschland gewohnt, stattfindet und durch enge Straßen noch zusätzlich verstärkt wird. Mich stört’s kein bisschen, ich hätte ansonsten die Fenster zugemacht, aber ab zehn Uhr war es mucksmäuschenstill.

Piacenza, eine Stadt in einer für mich noch angenehmen Größe (etwas kleiner als Osnabrück), war schnell verlassen und nach den ersten Kilometern warf ich schon die ersten Kleidungsstücke ab. Die Temparatur lag gegen zehn Uhr schon bei 20 Grad. Ich konnte die letzten 50 Kilometer durch die Ebene genüsslich vor mich hinradeln und freute mich schon auf die anstehende Apenninüberquerung.

Die Po-Ebene bei Fidenza

In den Ortschaften auf dem Weg machten sich die Italiener schon wieder auf den Weg in ihre Bars und leben scheinbar ungestört vor sich hin. Männer, die niemals erwachsen zu werden scheinen, begrüßen sich überall lauthals, hampeln, gestikulieren und lassen sich trotz Masken und Regeln die Freude am Leben nicht nehmen. Lebensfreude ! – die hat mir in den letzten Monaten sehr gefehlt.

In Fidenza kaufte ich noch etwas Obst und Brot ein, machte meine Mittagspause und dann konnte es losgehen. Auf den nächsten 30 Kilometern standen 1500 Höhenmeter an, zudem blies von den Bergen der vorhergesagte starke Wind auf mich zu.

Passo della Cisa

Die Fahrt zum Pass hinauf, die auf drei Spitzen hinauf und dann jeweils wieder gute 200 Meter hinunter führte, war bis auf den starken böigen Wind ein Traum. Die Strecke führt durch ein Naturschutzgebiet und der Ausblick wurde mit jedem Meter schöner. Am Pass zog es sich dann zu. Ich war schon darauf eingerichtet mal wieder den A… nass zu kriegen und freute mich über jedes Auto, das mir trocken von Oben entgegenkam. Diesmal hatte ich Glück und erreichte den Passo della Cisa trocken. Bei fünf Grad hatte ich aber widerum keine Lust auf mein Gipfelbier. Das Calanda, das ich schon für den Lukmanierpass vorgesehen hatte, blieb im Rucksack.

Pontremoli

Die Abfahrt war zügig und ich erreichte um halb acht meine zwei Stunden zuvor gebuchte Unterkunft in Pontremoli. Ein gemütliches Zimmer in einem Uraltbau in der Innenstadt.

Ich will noch erwähnen, dass ich froh und dankbar bin, hier meine Tour machen zu können. Mir ist bislang kein einziger Nichtitaliener begegnet, kein ausländisches Wort, kein ausländisches Kennzeichen und die einzigen beiden Radtourer, die ich heute auf dem Weg traf, waren Italiener, die auf der Via Francigena nach Rom unterwegs waren. Leider habe ich es versäumt, ein Erinnerungsfoto von den Beiden zu machen.