Juni 19, 2021

2021 – Taunus Bikepacking: Tag 5

Samstag, den 19. Juni 2021

Beim Kaffee im Morgengrauen fand ich Zeit wenigstens die Tracks auf Komoot und Relive in meinem Tagebuch zu aktualisieren. Das war alles, was von meinem Vorhaben übrig geblieben war. Für einen täglichen Bericht fehlte mir während dieser Tour einfach die Zeit. Auch heute wollte ich nicht nach fünf Uhr aufbrechen, denn ein stetiges Auf und Ab, das am Vortag schon begann, sollte sich noch über die nächsten 200 Kilometer ziehen und ich wollte davon soviel wie möglich hinter mich bringen.

Auf den ersten Kilometern „überholte“ ich zwei Belgier, die vermutlich noch in ihrer Unterkunft waren. Sie fuhren aber kurz nach Bad Camberg, als ich kurz stoppte, wieder an mir vorbei. Ich konnte den Anschlus an der nächsten Steigung nicht halten, traf Sie aber in Elkerhausen an einer Bäckerei wieder. Ich durfte eines ihrer Pilot Titanräder anheben und wusste, was Daheim zu tun war. Die Beiden waren höchst amüsiert bei dem Versuch, mein Rad der Schwerkraft für eine Sekunde zu entreissen. Es waren zwei freundliche Männer in meinem Alter, denen ich leider nicht folgen konnte. Ich wäre gerne auch so, in doppeltem Sinne, unbeschwert unterwegs, aber das Thema war in meinem Kopf ja schon längst in allen Details bearbeitet.

Das Wetter hielt sich prächtig und auf die Mittagshitze hatte ich mich längst eingestellt. Ich zog mir die Schirmmütze über die Ohren (das geht mit meiner geliebten Neuerwerbung aus China), fuhr nur noch im Langarmshirt und ersparte mir so das ständige eincremen mit Sonnenschmiere. Darüber hinaus erfreute ich mich dann wie immer am Sonnenschein, an Landschaft und Ortsdurchfahrten.

Das Beste begann wie immer in den späten Nachmittagsstunden. Die Schatten wurden länger, das Licht sanfter und das Radeln leichter, auch wenn in diesen Phasen der Track für mich noch die ein oder andere Herausforderung bot. Ich gebe zu, daß ich auch so manches Mal herzlich geflucht habe, aber diese „Anfälle“ vergingen ebenso rasch wie Sie kamen und wichen umgehend wieder neuer Begeisterung für diese einmalig schöne Tour.

An diesem Tag fuhr ich erstes Mal in der Dunkelheit hinein, ließ eine sichere Schutzhütte einige Kilometer hinter mir und freute mich über ein Luxusbänkchen, das am Waldesrand auf der Kuppe des letzten Anstiegs unter freiem Himmel kurz vor Weilmünster lag. Ich machte es mir bequem, zog Kocher und Pasta aus der Tasche und gönnte mir in meiner grenzenlosen Voraussicht noch einen Blick auf’s Wetter. Da sah ich das, was sehrwahrscheinlich alle, die jetzt sicher in ihren Schutzhütten und Unterkünften lagen schon längst in Erfahrung gebracht hatten: ein Unwetter war angekündigt.

Da noch nichts bemerkbar war, packte ich vorsorglich alles zusammen, spannte meine Plane ab und verzog mich mit meinem Frühstücksbrötchen und einem Fruchtsaft in meinen wasserdichten Biwaksack. Nach der Mahlzeit schlief ich ruhig ein. Als ich nach kurzer Zeit gestört wurde, blitze und donnerte es gewaltig und der Regen schepperte ohrenbetäubend auf mein notdürftiges Dach. Ich hatte wenig Hoffnung, daß meine halbherzig abgespannte Plane dem sich dazugesellenden Sturm standhalten würde. In der Lage blieb mir aber nichts anderes, als mir mein Bivy über den Kopf zu ziehen und die Sache „auszuliegen“.

Als es dann vorüber war, hatte ich außer meinem „Schlafanzug“ kein trockenes Kleidungsstück mehr und die Nacht war gelaufen. Ich packte zusammen und so begann mein Finaltag frühzeitig um 4 Uhr.

Ich weiß: wer lesen kann … – wenn er denn auch liest