August 18, 2021

2021-08 über den Col Petit St. Bernard ins Aostatal

Mittwoch, den 18. August 2021

Die Sonne wird kommen, aber noch steht Sie nicht über dem Berg. Es ist noch frisch an diesem Morgen und ich lasse mir wieder Zeit beim Frühstück.

Die French Divide lasse ich immer weiter hinter mir, nur die Auswirkungen auf meine Ausrüstung stören mich.

Zum einen fehlt mir Zelt und Kocher, den es boten sich nach meinem „Rauswurf“ jeden Tag schöne Übernachtungsmöglichkeiten entlang des Weges. Zum anderen hat mein neues Rad durch Schlamm und vielleicht auch durch einen Sturz stark gelitten. Insbesondere die Schaltung macht mir zu schaffen. Der Kettenspanner zieht in den hohen Gängen nicht mehr an und die Kette hängt, sobald ich in diesem Bereich schalte, durch, bis Sie fast auf dem Boden liegt. Ich muss jedes Mal wenn ich diesen Punkt erreicht habe absteigen und von Hand nachspannen – das macht keine Freude. Ich spüre einen Widerstand in einem Gelenk des Spanners und vermute festsitzenden Schmutz. Das etwas verbogen ist denke ich eher nicht. Morgen werde ich mich in Ruhe daran machen. Für heute will ich erstmal über den Pass und heraus aus Frankreich.

Ich fahre los, die Isere hinauf, bis sich der Weg zum Col de Piccolo St. Bernarnd von dem nach Val d’Isere trennt.

Die Passfahrt ist die schönste die ich bislang gemacht habe. Bei bestem Wetter schlängeln sich die Serpentinen mit gleichmäßiger Steigung den Berg hinauf und gegen 14 Uhr bin ich schon oben. Die Zeit, die ich wegen technischer Schwierigkeiten verplempert hatte, konnte ich herausholen.

Da aufgrund der italienischen Ferienzeit über die Onlineportale im gesamten Aostatal keine bezahlbare Unterkunft zu finden war, wollte ich aus dem Tal heraus und so liegen nochmal 120 Kilometer vor mir. Der Gegenwind wird immer stärker und es wird immer später, so daß ich mich schon wieder im Freien kampieren sehe.

Ich entschließe mich Gasthöfe entlang des Weges anzusteuern und habe schon beim Zweiten Glück. Ich komme in einer gemütlichen Pizzeria mit Zimmervermietung unter und der Tag ist gerettet.

Ich möchte noch einmal festhalten, daß es doch ein Weilchen dauert, das französische Abenteuer zu verarbeiten und hinter mir zu lassen. Ich habe mich beinahe ein dreiviertel Jahr auf dieses Ereignis vorbereitet und gefreut. Das es sich in Wirklichkeit völlig anders als erwartet darstellte und für mich „floppte“, macht mir noch etwas zu schaffen. Die Überzeugung, daß aus solchen Events, außer dem Gefühl es überstanden zu haben, für mich kein Genuss zu ziehen ist, habe ich zwar, trotzdem hält sich das Gefühl, mit diesem Irrweg ins „tolle Extraabenteuer“ viel Zeit und Zufriedenheit verschwendet zu haben.